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Zum Ana Bilićs Film „Wenn die Heidelerche singt“

Als mir vor der Premiere in Wien mitgeteilt wurde, dass der Film etwa zwei Stunden dauern würde, kam mir als Erstes in den Sinn, dass das vielleicht etwas lang sein könnte. Allerdings sagte ich mir, dass ich dieses Mal vielleicht eine Ausnahme machen muss, und versuchen soll, während der Zeit, in der der Film auf der Leinwand läuft, „wach“ zu bleiben. Zu meiner Überraschung kam alles anders, als ich gedacht hatte. Das hat zunächst einmal mit dem Plot zu tun, auf dem der Film aufgebaut ist, mit der sorgfältig gewählten Erzählung und den Dialogen sowie mit dem Spiel der Schauspieler/innen – auch wenn es nicht viele Schauspieler/innen waren und die Hauptlast der Erzählung nur von zwei von ihnen getragen wurde. Auf besondere Weise fielen mir die Musik und die Spezialeffekte ins Auge, die den Film noch nostalgischer und irgendwie greifbarer für die Öffentlichkeit zugänglicher machten. Die ganze Geschichte beginnt beiläufig, bis langsam zwei zueinander unbekannte Personen den „Tatort“ betreten. Eine von ihnen sieht verloren und desorientiert aus, die andere, die sich an diesem Ort versteckt, ist die Einzige, die weiß, wie die Andere von dort herauskommt. Durch die Worte, die aus ihrem Mund kommen, wird die Vergangenheit zurückgeholt, die Gegenwart auftaucht und die Zukunft wird geträumt. Es scheint, als ob gestern, heute und morgen an einem Punkt zusammentreffen. Irgendwo. Dort. Jenseits.

Die Minuten vergingen und die Anwesenden im Saal verfolgten weiterhin interessiert jede Sequenz, jeden neuen Akt. Von den hunderten Anwesenden im Saal ließen sich vielleicht an einer Hand jene abzählen, die ein ungewöhnliches und doch ein logisches Ende des Films erwarteten.

Ein solcher Film, der mit einem sehr geringen Budget produziert wurde, aber eher von dem Enthusiasmus und der Begeisterung einer Gruppe von Künstler/innen getragen wurde, bleibt dem Zuschauer lange im Gedächtnis. Das ist mir auch passiert. Und ich weiß, dass der Titel noch viele, viele Jahre als besonderes künstlerisches Erlebnis in unseren Köpfen verankert bleiben wird.

 

Anton Marku, Buchautor

Wien, 7. Juli 2023

Wenn die Heidelerche singt – Film von Ana Bilić

Auch wenn der Titel dieses Films an einen jener verlogenen, lebensfernen Kitsch-„Heimatfilme“ erinnert, so hat er damit doch überhaupt nichts zu tun. Nein, ganz im Gegenteil! Hier wird in asketischem Schwarzweiß die Begegnung zweier Menschen, einer halberwachsenen Frau und eines noch jugendichen, aber schon alternden Mannes erzählt.Und dies fast ausschließlich nur in Dialogen von überraschender Stringenz und Dramaturgie.

Am Gegenwärtigen wird Vergangenheit erahnbar, Zusammenhänge zumindest spurenhaft erkennbar. Aber trotzdem bleibt diese verborgene Wirklichkeit ohne Wirksamkeit und Folgen für die Lebensrealität der beiden Figuren, die eine tragische Lebensgeschichte verbindet, diese zumindest erahnen läßt.

Die Wirklichkeitsgeschichte entblättert sich langsam, doch schlagartig. Beide Menschen begegnen einander jedoch nur in der Verirrung des Lebens, in der ausweglosen Verirrung in einem dichten Wald (Leben). Über das Wirkliche hinaus eine große symbolhafte Metapher, erzählt voller Überraschungen und Reflexe, als dichte Poesie. Es geht weder um Aufklärung noch um Erhellung von Schicksalhaftigkeit. Es geht einzig und allein um eine Geschichte mit dem Ursprung von Gemeinsamkeit, die aber nirgendwohin führt. Aber vielleicht doch zur Erkenntnis, daß das gemeinsame Behaftetsein mit Schicksalhaftigkeit des Lebens nichts anderes als Ausweglosigkeit bedeutet und bringt. Alles bleibt letztendlich ein Geheimnis; wie das Leben, wie eine Verirrung im ausweglosen Wald.

Großartig die Konzeption, die Reduktion, das Schauspiel, die Dialoge, die wandlungsfähige Darstellung (Valentina Himmelbauer, Danilo Wimmer), das dadurch Gesagte ohne Worte. Der Film – mehrfach preisgekrönt – ist ein Erlebnis, ein Gewinn! Bitte ansehen!! – P.P.W. – Wien, 10.5.202

Peter Paul WIPLINGER
Schriftsteller, Kulturpublizist, künstlerischer Fotograf